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Sebastian Walter Foto csm

Cornelia Meißner

„Brandenburg, alle oder keiner!“

Große Veränderungen stehen den Lausitzern bevor, die Zukunft von gut 8.000 Arbeitsplätzen ist ungewiss. Mit welchem Konzept trägt sich DIE LINKE? Sebastian Walter: Die Ergebnisse der Kohlekommission sind erst einmal zu begrüßen, auch wenn wir viele der Empfehlungen für nicht weitgreifend genug befinden, aber das liegt in der Natur eines Kompromisses. DIE LINKE, und dafür werde ich mich besonders einsetzen, steht für einen sozial gerechten Strukturwandel. Sind wir doch mal ehrlich, es geht ja nicht nur um die Arbeitsplätze von 8.000 Leuten, sondern zusätzlich um deren Familien, um Zulieferbetriebe, um angesiedeltes Handwerk. Wir werden nichts versprechen, was wir nicht halten können: Braunkohlenutzung bis sonst wann oder mit den versprochenen Milliarden geht alles easy. Der Ausstieg aus der Kohle ist richtig und notwendig für das Klima und die nächsten Generationen. Aber wir nehmen auch die Befürchtungen der Betroffenen ernst. Mit uns werden die nicht weggeredet, sondern gemeinsam diskutiert und nach verträglichen Lösungen gesucht. Für eine starke Region braucht es die Bündelung aller Kompetenzen für eine langfristig stabile Wirtschaftsstruktur. Das heißt: eine Mischung aus Industrie- , Verwaltungs- und Wissenschaftsarbeitsplätzen unter Berücksichtigung sozialer und infrastruktureller Aspekte. Wichtig sind uns nicht nur die wirtschaftlichen Interessen, sondern die Menschen. Ich sag es mal mit dem Lausitzer Liedermacher Gundermann: alle oder keiner!  DIE LINKE den Aufbruch in den Strukturwandel bereits verschlafen? Sebastian Walter: Nein, ausdrücklich nein. Im Land befinden wir uns seit 1990 im permanenten Wandel. Ich würde mal die These aufstellen, dass jede und jeder Brandenburger*in selbst oder in seinem Umfeld bereits zwei bis drei Mal die Erfahrung einer Betriebsinsolvenz oder einen 'Biographiebruch' hat. Der Strukturwandel beschäftigt uns seit Jahren. Seit dieser Zeit gibt es übrigens auch schon Konzepte zum Kohleausstieg. DIE LINKE hat sich in Regierungsverantwortung immer für den Strukturwandel eingesetzt. Ich will hier zum Beispiel auf die Bemühungen zur Ansiedlung der Batteriewirtschaft unter Ralph Christoffers, dem ehemaligen linken Brandenburger Wirtschaftsminister, verweisen. Aber Wirtschaftsansiedlungen brauchen Vorbereitung, viele Gespräche und Zeit. Mit welchen Maßnahmen wird DIE LINKE den Wandel voranbringen? Sebastian Walter: Neben dem Kampf um die Arbeitsplätze gilt generell und nicht nur für die Lausitz, wir setzen auf starke Bildung, Stichwort lebenslanges Lernen; von der frühkindlichen Bildung, Schule und Aus- und Weiterbildung der zukünftigen Fachkräfte. Aber auch die frühzeitige Qualifizierung von arbeitssuchenden Menschen ist wichtig und muss vermehrt unterstützt werden. Die Gelder sind ja vorhanden. Außerdem gehören zum Maßnahmepaket finanzielle Anreize für Unternehmer*innen, Arbeitsplätze zu schaffen und Leute anzustellen, die sonst nicht so attraktiv sind für den ersten Arbeitsmarkt. Wir wollen, dass die Landesregierung wesentlich mehr Mittel in die BTU Cottbus-Senftenberg gibt. Natürlich geht es um den Breitbandausbau... leidiges Thema, ich weiß (lacht). Die Bundesregierung hat endlich die Bedingungen geändert, die Kommunen können sich nun beteiligen und die Gelder abrufen. Privatunternehmen können eben nicht allein leisten, was für die öffentliche Daseinsvorsorge notwendig ist. Das müssen wir als Regierung vorantreiben, sonst bekommen wir nie flächendeckend Breitband. Für die Unternehmen allein ist das nicht interessant genug. Gleich wohl geht es aber um viel mehr: medizinische Versorgung, ÖPNV, Schulen, Kitas, mehrgeschossigen Wohnungsbau, bezahlbare Mieten usw., damit Menschen gern in Brandenburg siedeln. Wir machen uns stark für gleiche Bedingungen in Stadt und Land und gegen das übertriebene Privatisieren von kommunalem Eigentum. Wie kommentierst Du die Entscheidung, dass es der Ausbau Berlin-Cottbus mit Gleis 2 als Schnellstrecke nicht in die oberste Priorität geschafft hat? SebastianWalter: Das ist für mich echt unverständlich. Da sitzt eine Strukturkommission zusammen mit allen möglichen Leuten, auch mit Verkehrsspezialisten, der Deutschen Bahn, den Gewerkschaften, den Unternehmerverbänden und der gesamten Kompetenz der Republik und reden und dem Bundesverkehrsminister fällt nichts anderes ein, als: ach übrigens, der Ausbau des zweiten Gleises in Richtung Lausitz findet nicht statt. Da fassen sich die Leute vor Ort zu recht an den Kopf! Und das meine ich mit: WIR nehmen die Leute ernst! Und der Verkehrsminister und Teile dieser Bundesregierung nehmen die Leute vor Ort scheinbar nicht ernst. DIE LINKE wird an der Seite der Lausitzer, aber auch mit allen Beteiligten darum streiten, dass dieser Ausbau auf die obere Agenda kommt. Und solange der nicht drin ist, wird dem auch nicht zugestimmt. Wer kompensiert in Zukunft die Zuwendungen an z.B. Vereine nach der Kohle? SebastianWalter: Ich möchte, dass Kultur-, Kunst- und Sporteinrichtungen sowie Museen im ganzen Land am besten ohne private Gelder auskommen. Das ist das Ziel! Wenn wir ein Brandenburg für alle wollen, in dem niemand Abstiegs- oder Zukunftsängste haben soll, dann müssen natürlich auch alle teilhaben können am kulturellen und sportlichen Leben. Darum reden wir darüber, Kultureinrichtungen so zu gestalten, dass sie erhalten bleiben und für alle Altersgruppen zugänglich sind. Als Landesregierung haben wir dafür bereits mehr Mittel zur Verfügung gestellt. Um ehrlich zu bleiben: klar ist, dass Kultur monetär immer ein Zuschussgeschäft sein wird. Das muss es auch, um unabhängige, freie Kultur und Entfaltung von Ideen zu ermöglichen. Unsere Vision: freie Kunst und Kultur in Brandenburg! Außerdem wünsche ich mir, dass in manchen Orten die alten Kulturhäuser wiederbelebt werden, um Räume für Kultur und Begegnung, z.B. im ländlichen Raum zu haben. Die Entwicklung geht ja zum Glück wieder weg vom neoliberalen Denken hin zu mehr Gemeinsamkeit. Und sicher müssen wir auch manche Entscheidung zu Einsparungen zurücknehmen, die zugunsten eines „schlanken Staates“ in dem Bereich getroffen wurden. Wie beurteilst Du die rechtspopulistische Entwicklung in Brandenburg? Sebastian Walter: Das ist wirklich schrecklich. Ich war ja oft zu verschiedenen Demos quer im Land unterwegs. Bei den Gesprächen mit Stadtverantwortlichen höre ich regelmäßig, dass Neutralität gewahrt werden muss. Ich sage aber, wenn Ortsvertreter*innen in die Verantwortung gehen, verpflichten sie sich im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu handeln. Wenn die angegriffen wird, und die wird im Moment massiv angegriffen von Re chtspopulisten und Hetzern, erwarte ich, dass sich die Verantwortlichen mit allen anderen Demokrat*innen klar positionieren. Wir hatten schon mal eine Zeit, als Menschen alle möglichen Ausreden hatten, dass sie sich diesen rechten Leuten nicht entgegengestellt haben. So was darf nicht wieder passieren! Da sind wir alle gefordert. Richtig ist aber auch, dass in vielen Orten des Landes in den letzten Jahren bei Schwierigkeiten weggeschaut, über Probleme der Bürger*innen nicht geredet wurde. Da werden wir in Zukunft wesentlich stärker und schneller handeln. Danke.


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